Geschichte

Zukunft braucht Herkunft

Odo Marquard

Allgemeine Informationen zum Fach Geschichte

Indem die Schülerinnen und Schüler im Geschichtsunterricht die historischen Wurzeln der Gegenwart aufspüren und dabei untersuchen, wie ihre Lebenswelt entstanden ist, lernen sie, sich in der Gegenwart zu orientieren und Wertmaßstäbe für ihr künftiges Handeln zu entwickeln. Sie erleben im Geschichtsunterricht anschaulich den Zusammenhang zwischen gestern, heute und morgen. Geschichte hilft ihnen auf diese Weise, die Welt der Gegenwart besser zu verstehen und Orientierung für die Gestaltung ihrer Zukunft zu gewinnen. [Bildungsplan 2016]

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Wider das Vergessen

Schüler des AMG übernehmen Patenschaft für zwei Stolpersteine

Der Künstler Gunter Demnig verlegte am 6. Juli 2018 auf Initiative des Ettlinger Bündnisses gegen Rassismus und Neonazis in Ettlingen zehn Stolpersteine zum Gedenken an Opfer des NS-Euthanasieprogramms „Aktion T4“, ein Begriff, der seit der Nachkriegszeit die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Psychiatrie-Patienten und behinderten Menschen durch SS-Ärzte und -Pflegekräfte von 1940 bis 1941 bezeichnet.

Zwei der Stolpersteine wurden von Schülerinnen und Schülern des Albertus-Magnus-Gymnasiums finanziert. Die Klasse 9d, die das Thema Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht behandelt hatte, hatte bereits im Februar mit einem Hotdog-Verkauf auf dem Schulgelände das notwendige Geld für einen Stolperstein eingesammelt. Der Kunst-Neigungskurs Klasse 12 hatte auf einer Vernissage seine Kunstwerke zum Verkauf angeboten und die Erlöse gespendet.

Gunter Demnig

Bei der Verlegung des von ihnen finanzierten Stolpersteins vor dem Haus in der Schöllbronner Str. 6 war die Klasse 9d anwesend. In diesem Haus hatte die 12-jährige Elisabeth Kuch ihren letzten Wohnsitz, bevor das Mädchen in eine Heilanstalt verlegt und 1940 in Grafeneck ermordet wurde. „Wir Menschen tragen die Verantwortung, in der Zukunft den Frieden zu wahren und all unsere Mitmenschen zu respektieren. Die Verlegung dieses Stolpersteins ist ein Symbol für das Gedenken an die nationalsozialistische Schreckensherrschaft und an die damaligen Opfer sowie ein Versprechen an die Zukunft, die wir mit gestalten,“ sagte Jonas in einer kurzen Ansprache stellvertretend für die ganze Klasse. Im Anschluss las Clara ein Gedicht vor, das die Schüler für Elisabeth Kuch geschrieben hatten.

Gegen 13.45 Uhr verlegte Gunter Demnig in der Karl-Friedrich-Str. 11 einen Stolperstein für Emil Köhler, der am 6.09.1940 in Grafeneck ermordet wurde. Die Kunstpädagogin Karin Kieltsch erläuterte, dass sich Kunst auch sozial und politisch engagieren kann, eine wichtige Aufgabe der Kunst, weswegen die Zwölftklässler die Patenschaft für den Stolperstein gerne übernommen hätten.

Unter der abstrakten Zahl der vielen Millionen Opfer des NS-Regimes könnten sich vor allem junge Leute kaum etwas vorstellen. Konkret werde es aber, wenn man durch die Stolpersteine sehen könne, dass der Terror im eigenen Dorf, in der eigenen Straße stattgefunden habe, so Gunter Demnig. Somit haben auch die Schülerinnen und Schüler des AMG dazu beigetragen, dass die Erinnerung an die Toten lebendig gehalten und Teil der Stadtgeschichte wird.

"Akte Luftballon"

Zeitzeugengespräch am AMG

Die Autorin und Lehrerin Stefanie Wally besuchte am 11. Juni 2018 zwei neunte Klassen des AMG um ihnen ihre persönliche Geschichte, die sie in ihrem Buch "Akte Luftballon" niedergeschrieben hat, näher zu bringen. Als junges Mädchen hatte sie einen gelben Luftballon steigen lassen, der rund 300 km entfernt in einem kleinen Dorf in der ehemaligen DDR landete. Dort fand ihn der Großvater eines ebenfalls siebenjährigen Mädchens, die an die angebundene Adresse einen Brief schrieb. Daraus entwickelte sich eine lebenslange Brieffreundschaft, die den beiden ihre jeweiligen Lebensumstände näher brachte und damit auch ein Stück der deutsch-deutschen Geschichte bis zur Wiedervereinigung und darüber hinaus. Der Luftballon wurde sogar in einer Stasi-Akte erwähnt.

Frau Wally gestaltete eine sehr kurzweilige Lesung aus ihrem Buch, die sie immer wieder mit Originalfotos und erklärenden Worten begleitete. Auch ihre Freundin kam per Videobotschaft noch zu Wort. Den Schülern wurde so das "andere Deutschland" und die Lebensumstände in der Deutschen Demokratischen Republik auf eine anschauliche Art und Weise näher gebracht, so dass sie ihr Wissen um den zweiten deutschen Staat um diesen persönlichen Blickwinkel erweitern konnten. Auch die Zeitumstände in der Bundesrepublik Deutschland von den 70ern bis zur Wiedervereinigung wurde ihnen noch einmal verdeutlicht. Die eher trockenen Fakten aus den Geschichtsbüchern wurden so zu einem Stück lebendiger Zeitgeschichte. Nach einer abschließenden Fragerunde, in der Frau Wally alle Nachfragen geduldig und erschöpfend beantwortete, erhielt jede Klasse einen gelben Luftballon, den die Schülerinnen und Schüler später steigen ließen.

Gedenken an die Reichspogromnacht

Am 9. November veranstaltete die Stadt Ettlingen eine Gedenkstunde, um an die in Ettlingen lebenden und verfolgten Juden zur Zeit des Nationalsozialismus zu gedenken. Zahlreiche Ettlinger Bürger sowie der Seminarkurs des AMG unter Begleitung von Frau Häfele und Herrn Obermann fanden sich zur Gedenkfeier am Mahnmal gegenüber dem ehemaligen Standort der Synagoge in der Pforzheimer Straße ein. Nach dem Trompetenspiel von Luca de Nardis hielt der Oberbürgermeister von Ettlingen, Herr Johannes Arnold, eine Rede, in welcher er die geschichtlichen Fakten zusammenfasste, um dann auf die Stadt Ettlingen während des zweiten Weltkrieges zu sprechen zu kommen. Pfarrer Andreas Heitmann-Kühlewein von der Johanneskirche appellierte an die Anwesenden, die Ereignisse dieses Tages nicht zu vergessen und eine Kultur des Respekts zu pflegen. Rabbi Menachem Zimmermann stimmte anschließend einen hebräischen Gesang zum Gedenken der Toten an. Während die Schüler des Seminarkurses die Namen der zahlreichen Opfer vorlasen, stellten die Anwesenden Wachslichter auf die Glasplatte des Mahnmals. Nach einem weiteren Trompetenspiel von Luca de Nardis endete die Gedenkfeier, die an die schrecklichen Ereignisse vor 79 Jahren erinnerte.