Theater für die zehnten Klassen

Die Reichsbürger − eine immer größer werdende Gruppe inmitten unserer Gesellschaft. Mit dieser Thematik befasst sich das tiefgreifende Theaterstück „Der Reichsbürger“ von Annalena und Konstantin Küspert.

Tobias Gondolf (Foto von Sonja Ramm)

Die Klassen 10b, 10c, 10dd sowie die Jahrgangsstufen 10 und 11 des Eichendorff - Gymnasiums und die Jahrgangsstufe 10 des Heisenberg-Gymnasiums hatten am 14. Mai die Gelegenheit, dem Auftreten und den zahlreichen Falschbehauptungen eines Reichsbürgers ausgesetzt zu sein.

In der voll besetzten Aula des Eichendorff-Gymnasiums wurde zunächst schon viel darüber diskutiert, wie der Monolog eines vermeintlichen Reichsbürgers gestaltet sein könnte. Wenige Minuten vor Beginn wies die Organisatorin des Schauspiels auf etliche Falschbehauptungen und ausländerfeindliche Bemerkungen des Protagonisten sowie dem Erscheinen einer Schreckschusswaffe hin. Falls die Methoden des Theaterstücks zu nahe gehen oder man sich unwohl fühle könne man gerne den Saal verlassen und mit der Organisatorin in Kontakt treten, um darüber zu sprechen. Nach dieser Ansage wurde die Unklarheit noch größer, inwieweit der Hauptdarsteller die Rolle des Reichsbürgers verkörpern würde. Plötzlich lief ein Mann im schwarzen Anzug die Treppen zur Bühne hinunter. Der Monolog begann.

Die selbstbewusste Persönlichkeit stellte sich als Wilhelm S. vor und berichtete aus seinem Privatleben und von seinem geliebten Hund „Adonis“, welcher kürzlich verstorben war. Im ersten Augenblick dachte noch niemand, dass das Theaterstück schon im vollen Gange war, geschweige denn, dass es sich bei Herrn S. um einen Reichsbürger handeln könne. Nach und nach bezog er auch das Publikum mit in seinen Vortrag ein und warf die Frage in den Raum, „Ob man sich in Deutschland frei fühle“. Der ganze Saal begann zu diskutieren. Es kamen Rechte, wie Meinungsfreiheit zur Sprache, doch die Mehrheit fühle sich durchaus „frei“ in Deutschland. Diese Aussagen versuchte der Protagonist mit dem Argument, dass Deutschland noch immer ein von den Alliierten besetztes Land sei, entgegenzuwirken.

Impressionen fotografiert von Sonja Ramm

Weiter im Programm versuchte Wilhelm S. die Existenz der Bundesrepublik- Deutschland infrage zu stellen. Im Handelsregister der USA werde Deutschland als BRD GmbH geführt. Diese Bundesrepublik-Deutschland-Finanzagentur GmbH agiere lediglich als Dienstleister des Staates. Somit fungiere diese GmbH nur als Verwalter der Finanzen und nicht über die gesamte BRD.

Herr S., von seiner Meinung überzeugt, versuchte dies durch Schilder mit der Aufschrift: „Sie betreten nun das Staatsgebiet der BRD GmbH“ zu verdeutlichen.

Nach einer kurzen Pause im Programm lief Wilhelm S. zu seiner Höchstform auf. Mit einer Theaterkulisse, die an die Kuppel des Kapitols in den USA erinnerte, wurde sein Ton rauer und er breitete vor der Bühne zahlreiche Holzdielen aus. Mit lauten Rufen, „Ihr befindet euch jetzt auf meinem Staatsgebiet!“, marschierte er durch die Reihen und versuchte durch Absperrbänder „sein Staatsgebiet“ zu markieren. Nun überschlugen sich die Ereignisse, welche in lautes Getöse mündeten. Es schien, als wäre Wilhelm S. nicht mehr Herr seiner Sinne. Letztendlich bedrohte die fiktive Figur des Herrn S. all diejenigen, die Bedenken an seiner Staatsgründung äußerten. Im Laufe dieser sich überschlagenden Ereignisse endete das tiefgründige Theaterstück über das rechte Gedankengut eines Reichsbürgers.

Nach einer kurzen Unterbrechung fügte sich die Nachbesprechung seines Monologs an. Ein Dialog auf Augenhöhe mit dem Hauptdarsteller des Stücks, Tobias Gondolf, zeigte, welche akute Gefahr für die Demokratie von Reichsbürgern in Deutschland ausgeht. Einige Schüler stellten ihm Fragen, wie er zu der Rolle des Stücks gekommen sei, andere gingen auf Inhalte innerhalb des Monologs ein. Letztendlich hatten wir alle die Möglichkeit den sympathischen Schauspieler kennenzulernen, der nicht müde wird durch sein Theaterstück vor den radikalen Ansichten sogenannter Reichsbürger zu warnen.

Leander Steinmann und Timo v. Czarnowski, 10b