Balderschwang 2022

Susanne: „Wir leben noch.“ Mit diesen Worten begann und, um es gleich vorwegzunehmen, endete auch die Studienfahrt nach Balderschwang.

Ob die Aussage stimmt, war zu Beginn nicht ganz klar: Die geplante Abfahrt verzögerte sich schon durch ein mysteriöses Leck im Fahrzeug, aus dem (vermutlich) Kühlwasser tropfte. Dennoch gingen wir das Risiko ein und fuhren mit etwas Verspätung, los. Auf die auf der Fahrt mehrmals aufkommende Frage „Wann sind wir endlich da?“ entgegnete der Fahrer immer ein fröhliches „20 Minuten, halbe Stund`“.

(Quizfrage: welcher bekannten Ballade entstammt dieses Zitat? Lösung: siehe ganz unten.)

Nach einer kleinen Kaffeepause und drei Stunden auf der Autobahn kämpfte sich der umgebaute weiße Transporter („Wir sind hier freiwillig“) auch schon von Weihnachtsliedern und „Bohemian Rhapsody“ begleitet (Etwas, das Herr Frank übrigens in seinen ganzen 30 Jahren auf Studienfahrt noch nie erlebt hatte), mitsamt schwerem Gepäck und zwei Fahrrädern das Allgäu hinauf.

Einmal angekommen, ging es nach kurzer Besichtigung der Zimmer und des Selbstversorgerhauses insgesamt schon los mit dem ersten Programmpunkt: Einkaufen mit Frau Obhof, bzw. ein „kleiner Spaziergang“, der sich über vier Stunden und 743 Höhenmeter erstreckte, das Riedberger Horn hinauf mit Herrn Frank. Aufgrund einiger Ablenkungen (etwa wegen Kühen, Heidelbeeren und eines Schildes) brauchten wir dazu etwas länger als gedacht, erreichten jedoch schließlich zu elft den Gipfel, der nun als Ort für das höchstgelegene Abidenkmal Deutschlands nahezu ebenso rekordträchtig ist, wie Balderschwang selbst als höchstgelegene Gemeinde. Der Rückweg fiel mittels geklauter Gummibärchen (danke Lara) und in der Gesellschaft von Christophers zugelaufener Heuschrecke schon etwas leichter, trotz Kullerverbots und Maartens Bestreben, den Rückweg in einer geraden Linie anzutreten.

Wieder zu Hause dauerte es zum Glück nicht lange, bis Alina, Cecilia, Julius und Jan uns mit Käspätzle versorgten (sehr lecker) und wir den Abend mit einer Runde „Werwölfe“ und „Coup“ langsam ausklingen ließen.

Der Dienstag begann mit Müsli, frischer Milch vom Bauern nebenan, einer toten Heuschrecke (Ruhe in Frieden, Elfie) und der Aussicht auf eine im Vergleich zu gestern nicht ganz so anstrengende Fahrradtour.

Wurde das bestätigt? Nicht ganz. Aber es war lustig.

Nachdem wir in Fischen i. Allgäu (Für das „m“ war nicht mehr genug Platz auf dem Ortsschild) bis auf Julius und Jan, die ihre Mountainbikes mitgebracht hatten (Riesenrespekt für euch zwei an der Stelle), unsere E-Bikes bekommen hatten, machten wir uns auf den Weg in die Berge. Kleine Anmerkung: Kieswege sind verdammt rutschig und das Fahrerlebnis wird nicht besser, wenn sie in etwa so steil sind wie der Riedbergpass.

Aber wie gesagt, wir haben überlebt. Außerdem sollte der interessante Teil erst noch folgen. Als wir nämlich den höchsten Punkt unserer Reise erreicht hatten und uns nun wieder Richtung Tal wandten, sahen wir uns gezwungen, entweder über einen schmalen Weg neben dem Abgrund über Wurzeln und größere Steine Downhill zu fahren, oder auf selbigem unsere Räder nach unten zu schleppen. Nach einem kleinen Unfall, bei dem zum Glück nichts allzu Schlimmes passiert war, entschlossen wir uns ausnahmslos für Letzteres. Schon für „normale“ Wanderer wäre der Weg nicht ganz einfach gewesen, mit Fahrrädern wurde das Ganze nochmal witziger.

Am Ende des Weges begrüßte uns immerhin eine Ziege, die auch auf dem anschließenden Gruppenfoto nach der wohlverdienten Pause nicht fehlen wollte.

Nachdem wir nach etwa 25 Kilometern Fahrtstrecke, mittlerweile auf asphaltierter Straße, auf einer fast-österreichischen Alm erneut gerastet, Kuchen gegessen und exotische Limosorten wie Fichte-Zitrone probiert hatten, ging es wieder zurück nach Fischen. Gesamtfahrtstrecke: etwa 40 Kilometer.

Zu Hause auf dem Krämerhof waren an diesem Tag Vinoj, Kevin, Falco, Till und Chris für das leibliche Wohl zuständig, Mia als selbsterklärtes Milchmädchen sorgte derweil schon mal für Nachschub für den nächsten Tag. Nach den (ebenfalls sehr leckeren) Burgern und einer Runde „Capture the Flag“ saßen wir alle zusammen am Lagerfeuer, dessen sich Manuel annahm.

Für Unterhaltung sorgten Tills berühmt-berüchtigter Witz von den dreihundert Mönchen, Finn mit „Wie fängt man einen Elefanten?“ sowie Maartens Albträume garantierende Gruselgeschichte vom Alm-Öhi, einer gefürchteten Kreatur, die die Augen ungeborener Kinder aussticht und Menschen zu Käsespätzle verarbeitet. Wir bewunderten noch den gigantischen Vollmond, dann ging es ins Bett, denn der Mittwoch brach an und wir mussten früh los, um pünktlich beim Kajak-Verleih zu sein.

Rechtzeitig angekommen, wurden wir mit Neoprenanzügen, Helmen und Schwimmwesten ausgestattet und machten uns auf den Weg zum Einstieg auf der Iller. Mit durch das gestrige Fahrradtragen gut trainiertem Bizeps begannen wir unsere Tour und paddelten los. Guides als Begleiter zu haben, bedeutet übrigens nicht immer, ohne Zwischenfälle ans Ziel zu kommen. Man kann auch versenkt werden, was auch fast jedem Ein- oder Zweisitzer mindestens einmal passierte, weshalb etwa 70% der blauen Flecken an diesem Tag entstanden. War aber auch witzig.

An einer Stelle im Fluss bot sich die Möglichkeit, Wildwasserschwimmen auszuprobieren, ein Angebot, das mehr als die Hälfte von uns gerne annahm, nachdem wir unsere Kajaks profimäßig auf einer Sandbank geparkt hatten. Auf dem Rücken ließen wir uns geradeaus treiben, bis wir zu einer Bucht kamen, an welcher man den richtigen Zeitpunkt, links einzubiegen, nicht verpassen sollte (andernfalls wäre man nicht mehr reingekommen). Haben wir alle gut geschafft. Anschließend konnten wir von einem kleinen Felsen aus ins Wasser springen und so wieder zu unserer Sandbank gelangen. Selbst mit Neoprenanzügen war das Wasser ziemlich frisch, und so wärmten sich manche von uns erst mit Hilfe der Pinguintaktik auf, bevor wir weiterfuhren.

Kurzweilig wie die Fahrt war, erreichten wir etwas schneller als erwartet den Ausstieg, frachteten Kajaks, Paddel und Ausrüstung in den einen, uns selbst in die anderen zwei Busse und fuhren nochmals zum Outdoorzentrum. Dort wuschen wir unsere Anzüge und hängten sie auf, um daraufhin wieder einmal über den Riedbergpass zurück zu fahren, wobei die Hälfte von uns zunächst erneut einkaufen fuhr.

Abends ging es dann ans Grillen und das, zu Frau Obhofs Freude, ausgefeilte Abendprogramm, das beides erneut Cecilia, Alina, Jan und Julius übernahmen, mitsamt Schokobananen und Marshmallows als Dessert sowie der Möglichkeit, sich selbst Cocktails zu mischen. Fettes Dankeschön an euch für die kreativen Ideen und dafür, dass ihr den ganzen Aufwand sogar zweimal auf euch genommen habt?.

Wieder entfachte Manuel für alle im Anschluss ein Lagerfeuer. Wir sangen, grillten Marshmallows und machten Schokobananen, bis sich auch der Mittwoch dem Ende zuneigte und wir dem Donnerstag mit gemischten Gefühlen entgegenblickten, teilweise neugierig, ob sich die Prophezeiung durch Susannes Tarotkarten bewahrheitete, teils minimal mulmig ob der (vermutlich großen) Anstrengung, da die Wanderung diesmal nicht als Spaziergang angekündigt war. Tatsächlich hätten wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.

Zu den Tarotkarten: Bereits am Montag hatten wir spaßeshalber Karten gelegt und gefragt, wie die Wanderung am Donnerstag werden würde. Die endgültige Deutung sagte voraus, dass manche der Wanderung offen gegenüberstehen könnten, andere wiederum Schwierigkeiten haben würden sowie dass ein aufgeklärter Mann zum Gipfel gehen, eine naturverbundene Frau bodenständig bzw. im übertragenen Sinne unten bleiben würde. Würde sich dies bewahrheiten? Es blieb spannend.

So brach der wohl ereignisreichste der vier programmreichen Tage an. Wie immer frühstückten wir, packten unser Vesper ein und fuhren dann nach Oberstdorf. Schon beim Aussteigen erwartete uns die erste positive Überraschung: Tatsächlich würden wir bis zum Gipfel des Nebelhorns hinauffahren, was vor allem für Kevin und Julian gut war, die sich vorher beide etwas verletzt hatten. Dennoch hielten sie sich die ganze Wanderung über tapfer und meisterten diese wie der Rest auch.

Mit den Gondeln fuhren wir nach oben, wobei das Hauptgesprächsthema während der Fahrt meist die Frage war, wo es günstig wäre, abzustürzen und wo eher nicht. Nachdem wir aus der zweiten Gondel gestiegen waren, die uns bis zum Gipfel gebracht hatte, bewältigten wir die immerhin fast fünf Meter Höhenunterschied zum Gipfelkreuz und ließen die malerische Landschaft auf uns wirken. Inzwischen waren wir auf 2224 Metern Höhe. Der große Daumen war unser Ziel für diese Wanderung, und bald begannen wir den Abstieg mit Kurs auf unser erstes größeres Ziel: den Koblatsee. Auf dem Weg veranstalteten wir eine kleine Schneeballschlacht und gingen dann, bis wir eine Pfütze erreicht hatten, die wir mit dem See verwechselten.

Um fair zu sein, Herr Frank hatte davon gesprochen, dass er auch ausgetrocknet sein könnte, also dachten wir eben, dass dieser Tümpel dessen Überbleibsel war. Kann ja mal passieren. Und es gab sogar Kaulquappen.

Jedenfalls gingen und gingen und gingen wir, erwartungsvoll hoffend, dass sich hinter jeder Anhöhe, die wir bestiegen, endlich der angekündigte See verbergen würde. Bis endlich, eine Weile nach einer kurzen Pause unter einem schattigen Felsen, das ersehnte Ziel in Sicht kam. Mittlerweile war es ziemlich warm, und es war mehr als angenehm, die Füße im fast eisigen See abkühlen zu können. Für uns gab es nun zwei Möglichkeiten: Entweder, wir blieben hier zum Baden und machten uns anschließend auf den Rückweg, oder wir liefen zum Gipfel des Großen Daumens. Am Ende hatten wir uns aufgeteilt, sodass ein Teil der ersten und der andere der zweiten Möglichkeit folgte. Wieder gingen wir, bis wir nach einem guten Stück bergauf den zweiten See unter uns sahen: Den Laufbichelsee. Hier trennten wir uns von Frau Obhof, Jan und Manuel.

Da waren es nur noch sechs: Herr Frank, Finn, Lara, Till, Maarten und Mia, die immer noch motiviert genug waren, den Gipfel zu erklimmen. Dieses letzte Stück war das härteste, dennoch waren wir nach wie vor vollzählig, als wir endlich beim Gipfelkreuz ankamen.

Auf dem Weg hatten wir Murmeltiere gesichtet, außerdem einen Wegweiser, laut welchem wir für den Aufstieg 50 Minuten bräuchten. Diese Angabe befolgten wir unbeabsichtigt peinlich genau, allerdings für den Hin- und Rückweg. Denn die Aussicht und den Triumph, oben angekommen zu sein, konnten wir nicht allzu lange genießen, wir standen etwas unter Zeitdruck, da wir die letzte Gondel nicht verpassen sollten. Nach einem Erinnerungsbild machten wir uns also wieder an den Abstieg.

Tatsächlich blieb uns, als wir erneut an den Koblatsee kamen, dennoch genug Zeit, um ein wenig zu baden. Till und Mia gingen ganz hinein, die anderen vier kühlten sich auch so ab. Auf dem Rückweg, kurz vor dem Ziel, stießen wir auf Kevin und kamen so zu siebt zur Gondelstation. Zugegeben, die anderen, die vorangestürmt waren, waren um einiges früher angekommen. Dennoch blieb uns allen fast eine Stunde, bevor die letzte Gondel ging und konnten dementsprechend noch in einer Almhütte ein wenig entspannen oder (völlig überteuerte, aber wenigstens kalte) Getränke kaufen.

Unten auf dem Parkplatz fiel Susanne auf, dass sich die Prophezeiung der Tarotkarten wirklich bewahrheitet hatte.

Für vier von uns ging es, zu Hause angekommen, direkt an die Arbeit, denn sie hatten Küchendienst. (Danke an dieser Stelle für die tatkräftige Unterstützung beim Kartoffeln schälen und an Herrn Frank für den Kuchenteller.)

Das Kartoffelgulasch wurde restlos aufgegessen, was natürlich so geplant war, und nicht etwa passierte, weil wir zu wenige Kartoffeln einberechnet hatten, da sich so die Möglichkeit bot, diverses Grillgemüse von gestern zu essen.

Das Abendprogramm begann mit einer Runde „Zitate falsch zuordnen“ und ging dann über in eine Runde „Stille Post“ mit Zettel und Stift. Anschließend zündeten wir erneut ein Lagerfeuer an. Dieser letzte Abend wurde gebührend gefeiert, mitsamt Stockbrot, Marshmallows, Schokobananen, Partymusik und ein wenig Bier und Aperol. Nach einer Weile ging ein Großteil von uns mit Stirnlampen, Handys und einem Bikini auf Nachtwanderung, der Rest blieb am Feuer. Mit der Aussicht auf das Packen und Aufräumen am nächsten Tag neigte sich schließlich auch der Donnerstag einem Ende zu.

Nach gründlichem Hausputz, Frühstück, Resteverwertung, Packen und einer Runde Tischtennis (Treffen des Tischs war jedoch optional) machten wir uns schon wieder auf den Rückweg und kämpften uns zum letzten Mal den Riedbergpass hinauf.

Das erneute Auto-Konzert beinhaltete selbstverständlich wieder unter anderem „Bohemian Rhapsody“ (Der hohe Part wurde nicht gerade besser), neben diversen anderen Liedern und Musikstücken. Nach fast fünf Stunden Fahrt erreichte unsere eigene Sauna auf vier Rädern schließlich den AMG-Parkplatz, womit unsere Studienfahrt schon wieder beendet war.

Vielen lieben Dank an alle Beteiligten für diese erlebnisreiche, witzige und unvergessliche Studienfahrt, insbesondere an Herrn Frank und Frau Obhof für die Buchung und umsichtige Planung der Reise.

von Mia Dinger

 

(Lösung der Quizfrage: Theodor Fontane: „John Maynard“)