Ein Fremder will, dass ich seinen Bizeps anfasse
Der Freitag startete mit Unterricht, bevor wir uns an die Vorbereitungen für unseren Animations-Workshop am Sonntag machten (dazu später mehr). Stifte wurden gezückt, Pinterest-Boards erstellt und Scheren herausgekramt – voller kreativer Energie ging es ans Werk.
Danach stand ein Empfang im Rathaus an, wo uns der Bürgermeister von Ettlingen, Herr Arnold, willkommen hieß. Also saßen wir da, in einem riesigen Saal mit Getränken vor uns, und lauschten gespannt, wie Ettlingen überhaupt funktioniert und wer hier die Entscheidungen trifft. Ehrlich gesagt war das vermutlich für viele von uns Deutschen genauso neu wie für unsere englischen Austauschpartner.
Im Anschluss präsentierten wir Herrn Arnold unser Logo und natürlich gab es auch Fotos zur Erinnerung. Am Ende bekam jeder von uns einen Turnbeutel mit der Aufschrift „Stadtkind“, der unter anderem Flyer, einen Flaschenverschluss und eine Fahrradklingel enthielt. Der Empfang war auf jeden Fall herzlich, und es war schön, dem Bürgermeister persönlich für diese Austauschmöglichkeit danken zu können.
Anschließend ging es weiter zum Tourismusbüro in Ettlingen. Wieso genau, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Ich glaube, die Idee war, das Projekt den Leuten in Ettlingen näherzubringen. Die Umsetzung? Schüler wurden in Schichten eingeteilt und saßen vor dem Büro an einem Tisch mit englischen Süßigkeiten, umgeben von Flyern – wartend, dass jemand auf sie zukommt.
Das Lustige: Wir wurden mehrmals gefragt, ob wir Spenden sammeln oder warum wir überhaupt hier stehen. Da das Projekt nicht von den Bürgern finanziert wird und wir selbst keine Ahnung hatten, konnten wir Ihnen nur schulterzuckend einen Biscuit anbieten.
Natürlich hatte ich mal wieder das Glück, von Fremden verstört zu werden. Ein älterer Herr – 84 Jahre alt, wie er uns stolz erzählte – kam auf unseren Stand zu und erkundigte sich nach dem Projekt. Also erklärten wir ihm, dass es sich um einen Austausch handelt. Daraufhin begann er ein überraschend gutes Gespräch mit Mia – überraschend deshalb, weil er laut eigener Aussage nur zwei Jahre Englisch in der Schule hatte, was nach meinen Berechnungen mindestens 70 Jahre her sein muss.
Als das Gespräch für uns eigentlich beendet war, verspürte er jedoch den unbändigen Drang, uns jedes (ja, JEDES) Foto aus seiner Galerie zu zeigen – die zu 90 % aus demselben Golfplatz bestanden. Als wäre das nicht schon genug, demonstrierte er uns seine Fitness, indem er plötzlich anfing, herumzuhopsen. Und dann kam der Höhepunkt: Er präsentierte mir stolz seine „Muckies“ und bestand darauf, dass ich sie anfasse. Als ich höflich ablehnte, rückte er bedrohlich näher, bis ich mich quasi gezwungen fühlte, sie doch anzufassen. Ich bin jetzt offiziell traumatisiert.
Aber hey – wenigstens war er sehr freundlich und ist jetzt vermutlich ein großer Unterstützer unseres Projekts. Und immerhin hatten alle am Stand danach etwas zu lachen.