Zebrafische und watende SchülerInnen

Von Zebrafischen, watenden SchülerInnen und anderen Wasserlebewesen - Exkursionstag der Arbeitsgemeinschaft Neuro- und Molekularbiologie: European Zebrafish Resource Centre des KITs und ökologisches Gewässerpraktikum Rheinauen

Mit dem Fahrrad in der S-Bahn kam unsere Arbeitsgemeinschaft am Morgen des 11. Mais 2022 in Leopoldshafen an, von wo aus wir uns zum Campus Nord des KITs begaben.

Frau Borel, zuständig für die Zebrafischzucht für Forschungszwecke, empfing uns sehr herzlich und führte uns durch die Großanlage. Eine Vielzahl von Aquarien beeindruckte. In jedem schwammen Zebrafische, die für eine Forschungsgruppe genetisch verändert worden waren und unter wissenschaftlicher Beobachtung standen. Wasseraufbereitung, Lebendfütterung, Überwachung der korrekten Wasserzirkulation, Einhalten der strengen Tierschutzstandards, Konstandhalten der Wassertemeperatur trotz Klimawandel sind eine Herkulesaufgabe, ohne deren Bewältigung die Grundlagenforschung an einem der bedeutendsten Wirbeltiermodellorganismen unmöglich wäre. Modellorganismen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass deren Gene, Verhalten oder Organsysteme uns Menschen ähnlich sind. So waren wir sehr davon beeindruckt, dass Tierpfleger immer wieder eine Übertragung der eigenen Stimmungslage auf die Zebrafische beobachten.

Im Anschluss erhielten wir einen wissenschaftlichen Vortrag zur Zebrafischforschung. Die in Indien bevorzugt in Reisfeldern lebenden und Plankton sowie Insektenlarven fressenden Fische können innerhalb kürzester Zeit nachgezüchtet werden, sind durchsichtig (was eine genaue Erforschung der Organsysteme und die Mikroskopie an lebenden Tieren enorm erleichtert) und besitzen (mit einer Ausnahme*) alle Organe, die beim Menschen auch vorhanden sind. Für eine artgerechte Haltung der Schwarmfische benötigen diese lediglich ihre Artgenossen. Für Verstecke oder Spielzeuge im Aquarium interessieren sie sich nur wenig. Die Embryonalentwicklung läuft, gut beobachtbar, außerhalb des Körpers ab. So können sogenannte Reportergene durch Injektion in die DNA der Eier leicht eingebaut werden. Mit der Reportergen-DNA kann man Gene, deren Produkte man am lebenden Objekt beobachten möchte, markieren, sodass diese bei Beleuchtung mit UV-Licht farbig leuchten. So lässt sich am lebenden Tier zeigen, welche Gene wann in welchem Umfang aktiv sind sowie wie und wo die betreffenden Genprodukte in der Zelle bzw. im gesamten Organismus wirken. Es lassen sich auch bestimmte Gene ausschalten bzw. einschalten und die Auswirkungen auf das Tier beobachten. Besonders neurobiologisch relevant ist die Kopplung eines Calciumsensors mit einem Reportergen. Sind Nervenzellen aktiv, strömt Calcium ein und gentechnisch markierte, aktive Nervenzellen beginnen zu fluoreszieren. So lässt sich zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme nachvollziehen, welche Gehirnregionen dabei aktiv sind (visuelles System und Belohnungssystem). Es lassen sich auch mehrere verschiedenfarbige Reportergene in Neurone einbringen, die dann in jeweils unterschiedlichen Quantitäten abgelesen werden, wodurch individuell unterschiedliche Farbmischungsverhältnisse entstehen. So erhält jede einzelne Nervenzelle ihre individuelle Färbung und kann leichter wissenschaftlich beobachtet werden. Bei Betrachtung der gesamten markierten Gehirnregion wird ein sogenannter sehr farbenfroher Brainbow sichtbar. Wollte man alle Möglichkeiten darstellen, welche die Zebrafischforschung bietet, ließen sich damit mehrere Lehrbücher füllen.

Die Nähe zu den Rheinauen bei Leopoldshafen nutzten wir, um ein ökologisches Gewässerpraktikum durchzuführen. Wasserchemische Parameter wie Sauerstoff-, Nitrit- bzw. Nitrat-, Ammonium- und Phosphatgehalt wurden gemessen und darüber hinaus nach Indikatororganismen für die vorhandene Wasserqualität gesucht. So konnte die Gewässergüteklasse 3 (sehr stark mit Nährstoffen angereichert) bestimmt werden. Das überrascht wenig, da im betrachteten Fließgewässerbereich das Gewässer als Kanal mit Pflastersteinen ausgebaut ist, wodurch die natürlichen Selbstreinigunsmechanismen im Bodensediment stark beeinträchtigt sind. Auch kann ein zusätzlicher Nährstoffeintrag, bedingt durch Düngung der nahegelegenen Felder, vermutet werden. Durch eine lokal erhöhte Fließgeschwindigkeit konnte ein relativ hoher Sauerstoffgehalt des Wassers gemessen werden, was wahrscheinlich Funde von Süßwassermuscheln erklärt. Auch Flusskrebse konnten gefunden werden. Weiter abwärts wurde der Wasserlauf renaturiert und bietet dadurch eine höhere Vielfalt an ökologischen Nischen. Scherzhafte Spekulationen, wer von den Schülerinnen und Schülern zuerst komplett im Wasser landen würde, bestätigten sich fast ausnahmslos.

Mit dem Fahrrad fuhren wir zurück in den Karlsruher Norden und genossen dabei die Schönheit der Weichholz- sowie der Hartholzauenlandschaft und betrachteten die Albmündung in den Rhein.

(*Kiemen statt Lungen)

 

Impressionen